Gewaltlos: Unterschied zwischen den Versionen
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− | Liebe Cevi-Leiterin, lieber Cevi-Leiter | + | Liebe Cevi-Leiterin, lieber Cevi-Leiter[[Datei:Gewalt hat viele Gesichter.pdf|mini|Gewalt hat viele Gesichter]]<How many times must the cannon-balls fly before they're forever banned? The answer my friend, is blowin'in the wind, the answer is blowin'in the wind.>> Von diesem Wind ist in diesem Arbeitsplan <Gewaltlos> eigentlich nicht die Rede. Franz Hohler hat das bekannte Lied von Bob Dylan so übersetzt: <Wie viel Bombe si scho usem Himmel gheit, wenn chunt die letschti ändlech dra? Dr ein- zigwo das weis, isch eine wos nit seit, dr einzig wo das weis, isch de Wind.> Wir wollen in diesem Arbeitsplan von der Kraft (power) reden, die uns hilft, die Gewalt (violence) zu überwinden. Dazu kann uns durchaus ein <Wind> helfen: Gott wird oft in der Bibel durch einen Wind, Hauch, Odem oder Geist eingeführt. Schon dem ersten Menschen hauchte er das Leben ein und liess an Pfingsten durch ein gewaltiges Wehen den Heiligen Geist auf uns Menschen herabfahren. Gewalt, die uns Menschen zerstört, können wir niemals annehmen. Dieser Gewalt müssen wir mit aller Kraft die Gewaltlosigkeit entgegenhalten. Davon soll in diesem Arbeitsplan.die Rede sein: Von verschiedenen Gewalttätigkeiten, denen die Jugendlichen ab zwölf Jahren begegnen, und von der Kraft und der Einstellung, mit der wir uns dieser Gewalt widersetzen können. Wir danken allen, die an diesem Arbeitsplan mitgedacht und mitgearbeitet haben. Einiges zum Thema haben wir hier zusammengetragen, weiteres und ähnliches lässt sich leicht finden. Den Jungschar-Leiterinnen und Leitern wünschen wir eine echte und persönliche Auseinandersetzung mit ihren jugendlichen und viel Freude bei der Arbeit mit diesem Plan. |
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In der Geschichte des Christentums, bis zum heutigen Tag, gibt es viele Beispiele zum Thema Gewalt und Glaube. Doch eines muss klargestellt werden: Wo Gewalt im Namen des christlichen Glaubens ausgeübt wird, muss ein Irrtum vorliegen; denn christlicher Glaube und Gewaltanwendung schliessen sich schlichtweg aus. | In der Geschichte des Christentums, bis zum heutigen Tag, gibt es viele Beispiele zum Thema Gewalt und Glaube. Doch eines muss klargestellt werden: Wo Gewalt im Namen des christlichen Glaubens ausgeübt wird, muss ein Irrtum vorliegen; denn christlicher Glaube und Gewaltanwendung schliessen sich schlichtweg aus. | ||
Grundsätzlich ist das für jeden Christen aufgrund der Botschaft von Jesus Christus auch einleuchtend. Und doch brachen und brechen immer wieder Formen der Gewalt aus dem christlichen Umfeld aus. Im frühen Mittelalter waren dies die Kämpfe um die Anerkennung als Religionsgemeinschaft, später die Kreuzzüge zur Eroberung des sogenannten Heiligen Landes, und in diesem Jahrhundert sind es die Kämpfe der Unterdrückten in Lateinamerika, unterstützt von der Befreiungstheologie, oder die Streitereien unter den verschiedenen christlichen (Frei)Kirchen und vieles mehr. Die letzten Beispiele zeigen, dass wir den anfangs klargestellten Irrtum nicht einfach so vom Tisch wischen können. Wir alle, ob jung oder alt, Mann oder Frau, reich oder arm, gesund oder krank ... unterliegen der Versuchung, Gewalt anzuwenden. Oft ist die Gewalt versteckt und wird als solche kaum erkannt. | Grundsätzlich ist das für jeden Christen aufgrund der Botschaft von Jesus Christus auch einleuchtend. Und doch brachen und brechen immer wieder Formen der Gewalt aus dem christlichen Umfeld aus. Im frühen Mittelalter waren dies die Kämpfe um die Anerkennung als Religionsgemeinschaft, später die Kreuzzüge zur Eroberung des sogenannten Heiligen Landes, und in diesem Jahrhundert sind es die Kämpfe der Unterdrückten in Lateinamerika, unterstützt von der Befreiungstheologie, oder die Streitereien unter den verschiedenen christlichen (Frei)Kirchen und vieles mehr. Die letzten Beispiele zeigen, dass wir den anfangs klargestellten Irrtum nicht einfach so vom Tisch wischen können. Wir alle, ob jung oder alt, Mann oder Frau, reich oder arm, gesund oder krank ... unterliegen der Versuchung, Gewalt anzuwenden. Oft ist die Gewalt versteckt und wird als solche kaum erkannt. | ||
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Wir wachsen in einer Welt auf, in der Gewalt einfach dazu gehört. Im Sandkasten, auf dem Pausenplatz, auf dem Fussballplatz, in der Geschäftswelt, in unserem Land und auch weltweit: | Wir wachsen in einer Welt auf, in der Gewalt einfach dazu gehört. Im Sandkasten, auf dem Pausenplatz, auf dem Fussballplatz, in der Geschäftswelt, in unserem Land und auch weltweit: | ||
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+ | Der Gewalt stellt Jesus Christus seine Botschaft der uneingeschränkten Nächstenliebe entgegen. Diese Botschaft scheint nicht in unsere Welt zu passen, weil sie so unrealistisch ist. Und doch wären wir ohne sie verloren, weil sie unsere einzige Hoffnung ist. | ||
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+ | Oft fällt es schwer, diesen Gefühlen nachzugehen und sie dann ehrlich zu akzeptieren. Solange wir uns hinter einer Maske verbergen und uns, wie ein Chamäleon, der Umgebung anpassen, wird es uns nicht gelingen, mit den eigenen Gefühlen umzugehen. | ||
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+ | "Ich bin jähzornig, ich bin ungeduldig, ich kann das nicht leiden ... Zu den eigenen Gefühlen stehen, ist der Anfang eines bewussten Umgangs mit der Macht. | ||
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+ | Gerade uns Christen fällt es schwer, zu den sogenannt negativen Gefühlen, wie Zorn, Wut, Aggression, Hass u.a. zu stehen. Es erstaunt uns vielleicht, dass auch Jesus zornig und wütend reagieren konnte: | ||
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+ | Jesus ging in den Tempel und trieb alle Händler und Käufer aus dem Tempel hinaus; er stiess die Tische der Geldwechsler und die Stände der Taubenhändler um (Matthäus 21,12). | ||
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+ | Diese und weitere Stellen in der Bibel, z.B. Verfluchung des Feigenbaumes (Matthäus 21,18-22), Gespräch mit Petrus (Matthäus 16,23) u.a. sollen uns helfen, einen ehrlichen Zugang zu unseren Gefühlen zu finden. | ||
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+ | Es wird uns Menschen nie gelingen, ohne Gewalt leben zu können. Wir brauchen die tägliche Bitte im "Unser Vater", um Vergebung unserer Schuld. | ||
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+ | Der ehrliche Umgang mit uns selber wird uns helfen, unsere eigenen Schattenseiten früher zu erkennen und einen Raum für neue Visionen von Liebe und Versöhnung zu schaffen, in deren Mittelpunkt das neue Gebot der Fein- desliebe steht (Matthäus 5,44). | ||
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+ | In diesem Arbeitsplan beschränken wir uns auf die zweite und für uns Menschen so folgenschwere Bedeutung: | ||
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+ | Gewalt ist rücksichtslos angewandte Macht. | ||
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+ | nächster Sei du ruhig oder ich schlage dir ins Gesicht! | ||
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+ | nächster Ich gehe! Ich bin nicht mehr in eurer Clique! | ||
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+ | (Matthias, 14 Jahre, selber dunkelhäutig) | ||
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[[Kategorie:Gewaltprävention]] | [[Kategorie:Gewaltprävention]] |
Version vom 17. Dezember 2019, 12:47 Uhr
Inhaltsverzeichnis
Thematischer Arbeitsplan für Jungschargruppen ab 12 Jahren.
Liebe Cevi-Leiterin, lieber Cevi-Leiter
<How many times must the cannon-balls fly before they're forever banned? The answer my friend, is blowin'in the wind, the answer is blowin'in the wind.>> Von diesem Wind ist in diesem Arbeitsplan <Gewaltlos> eigentlich nicht die Rede. Franz Hohler hat das bekannte Lied von Bob Dylan so übersetzt: <Wie viel Bombe si scho usem Himmel gheit, wenn chunt die letschti ändlech dra? Dr ein- zigwo das weis, isch eine wos nit seit, dr einzig wo das weis, isch de Wind.> Wir wollen in diesem Arbeitsplan von der Kraft (power) reden, die uns hilft, die Gewalt (violence) zu überwinden. Dazu kann uns durchaus ein <Wind> helfen: Gott wird oft in der Bibel durch einen Wind, Hauch, Odem oder Geist eingeführt. Schon dem ersten Menschen hauchte er das Leben ein und liess an Pfingsten durch ein gewaltiges Wehen den Heiligen Geist auf uns Menschen herabfahren. Gewalt, die uns Menschen zerstört, können wir niemals annehmen. Dieser Gewalt müssen wir mit aller Kraft die Gewaltlosigkeit entgegenhalten. Davon soll in diesem Arbeitsplan.die Rede sein: Von verschiedenen Gewalttätigkeiten, denen die Jugendlichen ab zwölf Jahren begegnen, und von der Kraft und der Einstellung, mit der wir uns dieser Gewalt widersetzen können. Wir danken allen, die an diesem Arbeitsplan mitgedacht und mitgearbeitet haben. Einiges zum Thema haben wir hier zusammengetragen, weiteres und ähnliches lässt sich leicht finden. Den Jungschar-Leiterinnen und Leitern wünschen wir eine echte und persönliche Auseinandersetzung mit ihren jugendlichen und viel Freude bei der Arbeit mit diesem Plan.
Hansruedi Vetsch v/o Haru
Einleitung
Ein Irrtum zum Anfang
In der Geschichte des Christentums, bis zum heutigen Tag, gibt es viele Beispiele zum Thema Gewalt und Glaube. Doch eines muss klargestellt werden: Wo Gewalt im Namen des christlichen Glaubens ausgeübt wird, muss ein Irrtum vorliegen; denn christlicher Glaube und Gewaltanwendung schliessen sich schlichtweg aus.
Grundsätzlich ist das für jeden Christen aufgrund der Botschaft von Jesus Christus auch einleuchtend. Und doch brachen und brechen immer wieder Formen der Gewalt aus dem christlichen Umfeld aus. Im frühen Mittelalter waren dies die Kämpfe um die Anerkennung als Religionsgemeinschaft, später die Kreuzzüge zur Eroberung des sogenannten Heiligen Landes, und in diesem Jahrhundert sind es die Kämpfe der Unterdrückten in Lateinamerika, unterstützt von der Befreiungstheologie, oder die Streitereien unter den verschiedenen christlichen (Frei)Kirchen und vieles mehr. Die letzten Beispiele zeigen, dass wir den anfangs klargestellten Irrtum nicht einfach so vom Tisch wischen können. Wir alle, ob jung oder alt, Mann oder Frau, reich oder arm, gesund oder krank ... unterliegen der Versuchung, Gewalt anzuwenden. Oft ist die Gewalt versteckt und wird als solche kaum erkannt.
Wir wachsen in einer Welt auf, in der Gewalt einfach dazu gehört. Im Sandkasten, auf dem Pausenplatz, auf dem Fussballplatz, in der Geschäftswelt, in unserem Land und auch weltweit:
Der Gewalt stellt Jesus Christus seine Botschaft der uneingeschränkten Nächstenliebe entgegen. Diese Botschaft scheint nicht in unsere Welt zu passen, weil sie so unrealistisch ist. Und doch wären wir ohne sie verloren, weil sie unsere einzige Hoffnung ist.
Gewalt = Machtmissbrauch?!
Gewalt hat auch mit Machtmissbrauch zu tun und ereignet sich dort, wo jemand seine Stärke zum Schaden anderer einsetzt. Deshalb müssen wir uns immer wieder fragen: Wo habe ich Macht über andere, wo nehme ich an der Macht anderer teil, wo nutze ich diese Macht aus oder wo leide ich darunter, dass andere mächtiger sind als ich.
Oft fällt es schwer, diesen Gefühlen nachzugehen und sie dann ehrlich zu akzeptieren. Solange wir uns hinter einer Maske verbergen und uns, wie ein Chamäleon, der Umgebung anpassen, wird es uns nicht gelingen, mit den eigenen Gefühlen umzugehen.
"Ich bin jähzornig, ich bin ungeduldig, ich kann das nicht leiden ... Zu den eigenen Gefühlen stehen, ist der Anfang eines bewussten Umgangs mit der Macht.
Gerade uns Christen fällt es schwer, zu den sogenannt negativen Gefühlen, wie Zorn, Wut, Aggression, Hass u.a. zu stehen. Es erstaunt uns vielleicht, dass auch Jesus zornig und wütend reagieren konnte:
Jesus ging in den Tempel und trieb alle Händler und Käufer aus dem Tempel hinaus; er stiess die Tische der Geldwechsler und die Stände der Taubenhändler um (Matthäus 21,12).
Diese und weitere Stellen in der Bibel, z.B. Verfluchung des Feigenbaumes (Matthäus 21,18-22), Gespräch mit Petrus (Matthäus 16,23) u.a. sollen uns helfen, einen ehrlichen Zugang zu unseren Gefühlen zu finden.
Es wird uns Menschen nie gelingen, ohne Gewalt leben zu können. Wir brauchen die tägliche Bitte im "Unser Vater", um Vergebung unserer Schuld.
Der ehrliche Umgang mit uns selber wird uns helfen, unsere eigenen Schattenseiten früher zu erkennen und einen Raum für neue Visionen von Liebe und Versöhnung zu schaffen, in deren Mittelpunkt das neue Gebot der Fein- desliebe steht (Matthäus 5,44).
In diesem Arbeitsplan beschränken wir uns auf die zweite und für uns Menschen so folgenschwere Bedeutung:
Gewalt ist rücksichtslos angewandte Macht.
... und oft bin ich so allein!
Alle gegen einen
Nun sitz ich am Boden
in die Enge gedrängt von den anderen die denken,'sie seien besser,
grösser und stärker als ich.
Was kann ich dafür,
dass ich nicht so gut bin wie sie, kleiner als sie bin
und schwächer?
Es gibt vielleicht mehrere Antworten, aber nur eine Frage:
Warum?
(Sonja 14 Jahre)
So nicht
(stimmen der Jugendlichen auf dem Bild)
links Was ist denn das für einer?
nächster Das ist ein Schwarzer!
nächster Kommt, dem jagen wir Angst ein!
nächster Nein, lasst ihn in Ruhe!
nächster Er hat recht, lasst ihn in Ruhe, ihr Rassisten!
nächster Sei du ruhig oder ich schlage dir ins Gesicht!
nächster Ich gehe! Ich bin nicht mehr in eurer Clique!
(Matthias, 14 Jahre, selber dunkelhäutig)